Liest man die letzte Meldung, die der DEHOGA Nordrhein-Westfalen veröffentlicht hatte, bevor das Corona-Virus die Branche im März 2020 heimsuchte, stand bei den künftigen Herausforderungen ein Thema im Mittelpunkt: der Fach- und Arbeitskräftemangel. Welche Auswirkungen die Pandemie auf die Zahl der Betriebe und die gastgewerbliche Landschaft in Nordrhein-Westfalen haben wird, ist noch ungewiss. Gewiss ist hingegen, dass der Fachkräftemangel, der bei einer zu geringen Zahl an Ausbildungsverhältnissen beginnt, eines der größten Probleme der Branche bleiben wird. Nach einer DEHOGA NRW-Umfrage, an der sich bundeslandweit fast 400 Ausbilderinnen und Ausbilder beteiligten, glauben fast 87 Prozent der Befragten, dass die Pandemie wegen der zurückgegangenen Ausbildungsverhältnisse für dauerhafte Lücken bei den Fachkräften sorgen wird.
Weniger Ausbildungsverhältnisse, weniger Initiativbewerbungen
Mehr als die Hälfte der Betriebe (55,2%) hat im aktuellen Ausbildungsjahr überhaupt nicht mehr ausgebildet. In Anbetracht der angespannten und von Schließungen und Unsicherheit geprägten Situation, in der sich Gastronomie und Hotellerie seit nunmehr mehr als einem Jahr befinden, wundert es wenig, dass nur zehn Prozent der Betriebe mehr als im Vorjahr ausbilden konnten. Genauso viele Auszubildende werden in 17 Prozent der Betriebe ausgebildet, weniger in 18 Prozent. Neben den wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen das Gastgewerbe konfrontiert ist, hat aber auch die Zahl der Initiativbewerbungen deutlich abgenommen: Bei 71,5 Prozent der Betriebe gingen weniger davon ein. Bei rund einem Viertel (23,2%) blieb die Zahl gleich.
Treue zur Branche zum Glück hoch
Trotz der Tatsache, dass viele Betriebe (79,5%) nicht regulär ausbilden können, sind über 90 Prozent dem Gastgewerbe erhalten geblieben und haben nicht wegen eines Wechsels in eine „sicherere Branche“ gekündigt.
Programm „Ausbildungsplätze sichern“: wenig Nachfrage
Dass das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ am Gastgewerbe vorbeigeht, bestätigt die Zahl, dass fast 80 Prozent der Betriebe (78,8%) die Förderungen nicht beantragt haben. Der DEHOGA hat einfachere Zugangsvoraussetzungen gefordert, damit auch ausbildende Gastronomen und Hoteliers schneller und einfacher in den Genuss der Unterstützungen gelangen können (siehe Kasten).
Aussicht:
Die grundsätzliche Bereitschaft, im kommenden Jahr gibt Grund zur Hoffnung, allerdings steht und fällt viel mit der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie. 40,8 Prozent sind davon überzeugt, so viele junge Menschen auszubilden wie vor der Krise. Rund 43 Prozent wollen die weitere Lage beobachten bzw. wissen es noch nicht. Knapp 16 Prozent sind sicher, dass sie im kommenden Ausbildungsjahr definitiv nicht ausbilden werden.
Wer suchet, der findet. Aber wo?
Mit circa 70 Prozent hat die Arbeitsagentur die Nase vorn, wenn es um die Frage geht, wo Betriebe ihre Auszubildenden suchen. Es folgen „auf eigener Webseite“ (59,5%), „auf eigenen Seiten in sozialen Medien“ (52%) oder in Jobbörsen (50,3%).
Bewerbungsgespräche: Wie war´s beim ersten Mal?
Die meisten Ausbilder haben traditionell Bewerbungsgespräche von Angesicht zu Angesicht geführt. Gerade einmal 14,4 Prozent der Befragten saßen potenziellen Auszubildenden online gegenüber, wobei knapp die Hälfte (47,9%) diese Praxis für ein erstes Kennenlernen auch in Zukunft beibehalten möchte, wohingegen 29,3 Prozent vom ersten digitalen Treffen nicht überzeugt waren. Weit verbreitet bleiben Berufsfelderkundungstage (57,5%), die Suche mit einer regionalen Schule nur bei einem Drittel.
Gut vorbereitet, ist halb gewonnen: Mehr als 75% bestanden
Trotz der äußerst widrigen Umstände konnten fast 77 Prozent ihre Auszubildenden erfolgreich auf die Prüfungen vorbereiten. Helfen konnten dabei überbetriebliche Maßnahmen von IHK oder privatwirtschaftliche, die von rund 47 Prozent in Anspruch genommen wurden. Wegen der Betriebsschließungen, betrieblicher Einschränkungen oder dem Unterrichtsausfall oder der Umstellung auf digitale Medien entstanden in der praktischen wie in der theoretischen Ausbildung Probleme. Mehr als die Hälfte der Betriebe hat Auszubildende (54,5%) übernommen.
Lösungsansätze: Unterstützung bleibt notwendig
Um den Fachkräftemangel in Zukunft besser in den Griff zu bekommen, wünschen sich viele Unternehmer aus dem Gastgewerbe mehr staatliche Unterstützung zum Beispiel durch Ausbildungsprämien oder Übernahme der Ausbildungskosten. Entwicklungswürdig sehen viele aber auch das Image und die Attraktivität der Branche und die Bezahlung von Auszubildenden und Beschäftigten. Ein weiterer Baustein könnte darin bestehen, mehr ausländische Auszubildende für eine Ausbildung oder überhaupt Arbeitskräfte auch aus dem Nicht-EU-Ausland für die Arbeit in Deutschland zu gewinnen. Selbstkritische Töne hat die Umfrage ebenfalls zu Tage befördert. Ein Lösungsvorschlag lautete schlicht: „Vergütung erhöhen, geregelte Arbeitszeit“.