Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine erste und viel beachtete Entscheidung zum gesetzlichen Mindestlohn gefällt. Die ungewöhnliche Schnelligkeit des Weges durch die Instanzen erklären Beobachter damit, dass das höchste deutsche Arbeitsgericht damit Rechtsklarheit bei den durch das Gesetz selbst nicht geregelten Fragen der Berechnung des Mindestlohns bringen wollte. Das ist mit dem Urteil für einen Teilbereich der vielen strittigen Fragen zum Mindestlohn auch gelungen.
Geklagt hatte eine Cafeteria-Mitarbeiterin einer Klinik Service GmbH. Ihr Arbeitsvertrag sah neben einem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vor. Im Dezember 2014 schloss die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen allmonatlich zu je 1/12. Die Klägerin verlangte zusätzlich zu ihrem Monatsgehalt die bisherigen Jahressonderzahlungen sowie die Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. Das Landesarbeitsgericht sprach der Klägerin zwar zusätzliche Nachtarbeitszuschläge zu, weil es für diese eine besondere gesetzliche Grundlage gibt, nicht aber die weiteren Zahlungen. Diese Entscheidung bestätigte jetzt das Bundesarbeitsgericht und machte deutlich, dass vorbehaltlos und unwiderruflich geleistete Zahlungen mit Entgeltcharakter Erfüllungswirkung für den Mindestlohn haben. Das ist bei den in diesem Fall zulässigerweise monatlich ausgezahlten Urlaubs- und Weihnachtsgeldzahlungen der Fall. Die Klägerin kommt damit auf einen Stundenlohn von 8,69 Euro.
Der DEHOGA hatte in seinen Mindestlohn-FAQ’s bereits von Beginn an die Rechtsauffassung vertreten, dass jedenfalls Urlaubs- und Weihnachtsgeld, das monatlich unwiderruflich gezahlt wird, auf den Mindestlohn anrechenbar ist. Mit der jetzigen Entscheidung des BAG wird insofern Rechtssicherheit geschaffen und unterinstanzlichen Urteilen, die jegliche Anrechnung ablehnen, der Boden entzogen. Es wird klargestellt, dass es hierbei nicht – wie manche Kommentare von Gewerkschafts- oder Medienseite behaupten – um „Trickserei“ geht, sondern um ganz normale Lohngestaltung.
Um die weitere Reichweite des Urteils abschätzen und Empfehlungen aussprechen zu können, müssen jetzt die Entscheidungsgründe abgewartet werden. Es ist wahrscheinlich, dass das Urteil auch Auswirkungen auf andere Geldleistungen, insbesondere Sonn- und Feiertagszuschläge hat. Der DEHOGA hält Sie darüber auf dem Laufenden. Unternehmen seien jedoch darauf hingewiesen, dass die Entscheidung einen konkreten Einzelfall betrifft. Sie ist nicht ohne weiteres übertragbar auf Konstellationen, in denen z.B. die jährliche Auszahlung des Urlaubs- oder Weihnachtsgeldes auf bindenden arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Grundlagen beruht. Auch muss bei einer Sonderzahlung immer geprüft werden, ob sie tatsächlich Entgelt darstellt, d.h. die Arbeitsleistung vergütet. Dient sie anderen Zwecken, z.B. der Belohnung der Betriebstreue, oder beruht sie auf einer gesetzlichen Ausgleichsregelung, wie z.B. der Nachtzuschlag des § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz, fehlt es daran. Auch Trinkgeld oder das Mankogeld sind kein Entgelt und können daher nicht auf den Mindestlohn angerechnet werden.