Unternehmensrettung 4.0: Neue Möglichkeiten für die Restrukturierung von Hotels und Gastronomie mit Webinar-Angebot

Corona, NRW

Die Unternehmensrettung 4.0 bietet spannende neue Möglichkeiten zur Entschuldung und ermöglicht ein entschuldetes unternehmerisches Durchstarten ohne Insolvenzverfahren. Sollte es dafür schon zu spät sein, können noch vorübergehend erleichterte Eingangsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung oder den Schutzschirm genutzt werden. Bitter wird es, wenn auch dieses Zeitfenster ungenutzt bleibt. Dann bleibt Unternehmen nur noch der Gang in die fremdverwaltete Insolvenz. Mehr denn je gilt daher auch bei der Unternehmensrettung 4.0: Optionen kennen und frühzeitig handeln!

Umsatzeinbruch, Kurzarbeit, fehlende Liquidität und steigende Schuldenlast durch diverse Rettungs- und Fördermittel. So dürfte das Jahr 2020 für viele Unternehmen in der Hotel- und Gastronomiebranche ausgesehen haben. Selbst wenn ein Ende der Beschränkungen absehbar scheint und das Geschäft wieder anziehen wird, sieht doch die Zukunft für 2021 weiterhin ungewiss aus. Die Schuldenlast steigt und lässt Gewinne in weite Ferne rücken. Schnell fehlt dann ausreichend Liquidität, um notwendige Investitionen vorzunehmen und Kredite zurückzuzahlen. Viele Monate ohne Umsätze bringt selbst die gesündesten Unternehmen in eine ernsthaft bedrohliche Lage.

Hier setzen die neuen Restrukturierungsregeln an, die am 01. Januar 2021 in Kraft getreten sind. In Rekordgeschwindigkeit hat der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrecht („SanInsFoG“) zusätzliche Hilfen geschaffen, um Insolvenzverfahren zu vermeiden und unternehmerisches Durchstarten nach der Pandemie zu ermöglichen.

Einladung Webinar "Unternehmensrettung 4.0:

Neue Möglichkeiten für die Restrukturierung von Hotels und Gastronomie" mit den Autoren Dr. Adrian Bölingen und Özgür Günes: Jetzt am kostenlosen Webinar teilnehmen!

 

Überblick SanInsFoG

Die Reform sieht nicht nur ein neues Gesetz zur Insolvenzvermeidung vor – gleichzeitig wird auch das bestehende System von Insolvenzantragsgründen und -verfahren an das neue Gesetz angepasst. Eingebettet werden die Regelungen auch in die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für von der Corona-Pandemie geschädigte Unternehmen.

Ziele SanInsFoG

  • Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen („SRR“)
  • Anpassung Sanierungsrecht an Folgen der COVID-19 Pandemie
  • Verbesserung Eigenverwaltung und Insolvenzrecht
  • Insolvenzantragspflicht und Rettungshilfen

Insolvenzvermeidung durch Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen

Künftig können wirtschaftliche und finanzielle Krisen auch durch einen SRR gelöst werden. Der Rahmen ist zwischen der freien Sanierung ohne Hilfen und der eigenverwalteten Insolvenz positioniert. Dazu ist ein eigenes Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen („StaRUG“) nun in Kraft. Notwendig ist nur drohende Zahlungsunfähigkeit, um Zugang zu den zusätzlichen Maßnahmen zu bekommen.

Ziele

  • Restrukturierungshilfen ohne Insolvenz
  • Ausgewählte Gläubiger
  • Mehrheitsentscheidungen der Gläubiger möglich
  • Instrumente können einzeln in Anspruch genommen werden

Frei wählbare Instrumente // begleitende Bescheinigungen sinnvoll

Der SRR ist in einem eigenen Gesetz geregelt und auch sonst vom Insolvenzverfahren unabhängig. Es kann durch das Unternehmen als gerichtliches Verfahren initiiert werden, wenn im Rahmen des Restrukturierungsvorhabens zusätzliche Verfahrenshilfen in Anspruch genommen werden können, das Gesetz spricht von „Instrumenten“..

Instrumente des SRR sind:

  • Vollstreckungssperren
  • Gerichtliche Abstimmung über den Restrukturierungsplan
  • Gerichtliche Bestätigung des Restrukturierungsplans
  • Gerichtliche Vorprüfung

Die Instrumente können grundsätzlich unabhängig voneinander beantragt werden und haben teilweise zusätzliche Nachweispflichten. Insbesondere sollte dem Antrag einer Vollstreckungssperre („Stabilisierungsanordnung“) die Bescheinigung eines insolvenzerfahrenen Berufsträgers beigefügt werden, da ansonsten allein aus diesem Grund ein Restrukturierungsbeauftragter eingesetzt werden kann.

Ansonsten kann über den Restrukturierungsplan auch ohne Beteiligung des Gerichts abgestimmt werden.

Wesentliches Element Restrukturierungsplan
Kernbestandteil des SRR ist der Restrukturierungsplan. Hier bedient sich der SRR bekannter und bewährter Regelungen zum Insolvenzplan, von denen er kaum abweicht. Dadurch können die Unternehmen auch weitgehend auf bekannte Strukturen zurückgreifen, die sich insbesondere in dem kürzlich erneuerten Standard für Wirtschaftsprüfer IDW S2 wiederfinden.

Im Rahmen eines gerichtlichen SRR kann über den Plan gerichtlich abgestimmt und dieser bestätigt werden. Die Regelungen im gestaltenden Teil des Restrukturierungsplans sind auch ohne gerichtliche Bestätigung anfechtungsprivilegiert. Es kann nur dann insolvenzrechtlich angefochten werden, wenn die Abstimmung über den Plan fehlerhaft war und der andere Teil dies wusste.

In einem gerichtlichen SRR sind Insolvenzantragspflichten suspendiert. Insolvenzgründe müssen aber während der Dauer der gerichtlichen Anordnung unverzüglich angezeigt werden; die gewöhnlichen Fristen gelten hier entsprechend und können dann zu einer Aufhebung des SRR führen. Das Restrukturierungsgericht kann das verhindern, wenn die Abstimmung über den Restrukturierungsplan trotzdem sinnvoll erscheint.

Immer ein Restrukturierungsbeauftragter zu beteiligen?
Nein, die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten soll die Ausnahme bleiben. Notwendig ist die Bestellung nur, wenn die Eingriffe in Gläubigerrechte dies erforderlich scheinen lassen. Im Übrigen soll eine Bestellung auch dann erfolgen, wenn das Restrukturierungsziel durch das Verhalten erforderlicher Gläubiger gefährdet erscheint. Auf die Person des Restrukturierungsbeauftragten kann natürlich Einfluss genommen werden. Teilweise kann das Gericht nur dann von einem Vorschlag abweichen, wenn die Person offensichtlich ungeeignet ist.

Die wesentliche Aufgabe des Restrukturierungsbeauftragten besteht in der Überwachung von Aufhebungsgründen. Im Übrigen erfolgt eine Stellungnahme zur Erklärung der Bestandsfähigkeit im Restrukturierungsplan, also insbesondere der drohenden Zahlungsunfähigkeit und deren Beseitigung durch den Plan. Weitere Aufgabenbereiche können sich aus beantragten Instrumenten ergeben. Vergütet wird der Restrukturierungsbeauftragte auf der Grundlage angemessener Stundensätze. Über die Angemessenheit und ein Gesamtbudget entscheidet das Gericht nach Anhörung der zu bestellenden Person.

Sanierungsmoderation

Besonders spannend für die Gastronomie- und Hotelbranche ist die Sanierungsmoderation. Im Fokus stehen hier kleine oder Kleinstunternehmen, die ohne Unterstützung nicht in der Lage sind, ihre finanzielle oder wirtschaftliche Krise zu überwinden, aber sich professionelle Sanierungsberater nicht leisten können. Im Übrigen kann sich eine Sanierungsmoderation als Vorstufe zum SRR anbieten, wenn Erfolgsaussichten durch eine neutrale Vermittlerperson bestehen.

Anpassungen im Insolvenzrecht

Anlass für Anpassungen im Insolvenzrecht bestanden an der Schnittstelle zum SRR, insbesondere bei den Insolvenzantragsgründen. Es werden darüber hinaus Kritikpunkte an Restrukturierungsverfahren in Eigenverwaltung aufgegriffen und angepasst. Hierzu hatte die Bundesregierung im Jahr 2018 eine Evaluation des ESUG 2012 durchgeführt.

Anpassung der Insolvenzantragsgründe
Da die drohende Zahlungsunfähigkeit Eintrittshürde für einen SRR sein soll, schärfen die neuen Regeln den Insolvenzgrund und grenzen ihn von der insolvenzrechtlichen Überschuldung besser ab.

Die Differenzierung wird vor allem über den Planungszeitraum erreicht: Die drohende Zahlungsunfähigkeit soll regelmäßig einen Planungshorizont von 24 Monaten umfassen, wohingegen im Rahmen die Überschuldungsprüfung regelmäßig 12 Monate zugrunde gelegt werden sollen. Handelt es sich um eine pandemiebedingte Krise soll der Planungszeitraum unter weiteren Voraussetzungen sogar auf 4 Monate reduziert werden.

Vereinfachte Übersicht Insolvenzgründe:

  • Zahlungsunfähigkeit: Zahlungsmittelbestand reicht nicht zur Deckung der fälligen Verbindlichkeiten. Antragspflicht spätestens drei Wochen nach Eintritt.
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit: Zahlungsmittelbestand reicht innerhalb der nächsten 24 Monate nicht zur Deckung der fälligen Verbindlichkeiten aus. Antragstellung möglich.
  • Insolvenzrechtliche Überschuldung: negative Fortbestehensprognose innerhalb der nächsten 12 (Pandemie: 4) Monate und negative Liquidationsbilanz. Antragspflicht spätestens sechs Wochen nach Eintritt.

Stärkung der Eigenverwaltung
Ein wesentlicher Kritikpunkt nahezu aller Markteilnehmer waren die geringen Anforderungen an den Zugang zu einer vorläufigen Eigenverwaltung. Ungeeignet ist ein Verfahren nach aktueller Gesetzeslage erst dann, wenn in der Anordnung der Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger drohen. In dieser Abstraktheit hat das Merkmal zu uneinheitlicher Handhabung geführt und gefährdete dadurch zusätzlich die Umsetzung in der Praxis. Selbst der Zugang zum Schutzschirmverfahren sah darüber hinaus nur vor, dass eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist und Zahlungsunfähigkeit nicht vorliegt. Dadurch bedingt waren zahlreiche Unternehmen in Eigenverwaltung nicht restrukturierungsfähig oder sahen sich nach einem überschaubaren Zeitraum mit einer Folgeinsolvenz konfrontiert. Das erschüttert natürlich auch zunehmend das Vertrauen der an einer Eigenverwaltung beteiligten Gläubiger an den Restrukturierungserfolg und erschwert dadurch wiederum die gut geplante Überwindung der unternehmerischen Krise mithilfe einer Eigenverwaltung. Der Zugang und die Durchführung eines Eigenverwaltungsverfahrens setzt daher jetzt beim Antrag schon eine schlüssige und vollständige Eigenverwaltungsplanung voraus. Das ist zwar für das Instrument der Eigenverwaltung (bzw. des Schutzschirms) richtig, schließt eine solche ohne begleitende Berater aber nunmehr nahezu aus. Spiegelbildlich zu den höheren Eingangsvoraussetzung listet der Entwurf entsprechende Umstände auf, die zu einer Aufhebung der Eigenverwaltung führen. Bislang könnte die Aufhebung der Eigenverwaltung nur auf Antrag der eigenverwaltenden Schuldnerin erfolgen oder wenn drohende Nachteile für die Gläubiger bestehen.

Für pandemiebedingte Krisen bleibt es vorübergehend noch bei den bisherigen Regelungen. Darüber hinaus kann ein Schutzschirm bis Ende 2021 unter erleichterten Bedingungen in Anspruch genommen werden. Sollte eine (fortgeschrittene) Liquiditätskrise bestehen, ist also unbedingt dieses vorübergehende Zeitfenster zu nutzen!

Zusammenfassung / Fazit: Frühzeitig Handeln!

Die Unternehmensrettung 4.0 bietet spannende neue Möglichkeiten zur Entschuldung und ermöglicht ein entschuldetes unternehmerisches Durchstarten ohne Insolvenzverfahren. Sollte es dafür schon zu spät sein, können noch vorübergehend erleichterte Eingangsvoraussetzungen für die Eigenverwaltung oder den Schutzschirm genutzt werden. Bitter wird es, wenn auch dieses Zeitfenster ungenutzt bleibt. Dann bleibt Unternehmen nur noch der Gang in die fremdverwaltete Insolvenz. Mehr denn je gilt daher auch bei der Unternehmensrettung 4.0: Optionen kennen und frühzeitig handeln!

Autoren:

 


Zurück
Ansprechpartner: Thorsten Hellwig, Pressesprecher