Der Koalitionsausschuss hatte sich etwas mehr Zeit gelassen, um das größte Konjunkturprogramm in der Geschichte der Bundesrepublik auf den Weg zu bringen. Gestern, am späten Abend, wurden die Ergebnisse verkündet. Das Paket gilt nicht nur für Gastronomen, Caterer und Hoteliers, nimmt aber im Rahmen der Überbrückungshilfe explizit Bezug auf das Gastgewerbe: "Die Überbrückungshilfe gilt branchenübergreifend, wobei den Besonderheiten der besonders betroffenen Branchen wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Caterer, Kneipen, Clubs und Bars (...) angemessen Rechnung zu tragen ist."
Hinweis:
Sobald das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist und die Ausgestaltung des Antragsverfahrens feststeht, werden wir über den weiteren Ablauf informieren.
Folgend finden Sie einen Auszug aus den wichtigsten Entscheidungen für die Branche:
I. Soforthilfen - Programm für Überbrückungshilfen für kleine und mittelständische Unternehmen (Punkt 13)
Volumen:
bis zu 25 Milliarden Euro
Zeitraum:
Juni - August
Antragsberechtigt:
- Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern.
- Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen.
Umfang der Erstattungen:
- Bis zu 50 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von >50 % gegenüber Vorjahresmonat
- Bis zu 80 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von >70 % gegenüber Vorjahresmonat
Staffelung:
- Der Erstattungsbetrag beträgt maximal 150.000 Euro für drei Monate.
- Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen bis zehn Beschäftigten 15.000 Euro nur in begründeten Ausnahmefällen übersteigen.
Nachweise:
- Geltend gemachte Umsatzrückgänge und fixe Betriebskosten sind durch einen Steuerberater oder
Wirtschaftsprüfer in geeigneter Weise zu prüfen und zu bestätigen.
- Überzahlungen sind zu erstatten.
Antragsfristen:
Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.
II. Mehrwertsteuersenkung 1.7.20 - 31.12.20 (Punkt 1)
- Nach der ersten Mehrwertsteuersenkung auf Speisen zum 1.7.2020, die der Steigerung der Ertragskraft der Betriebe dienen soll, erfolgt ebenfalls zum 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 eine zweite Reduzierung, die der Stärkung der Binnennachfrage zugute kommen und zu mehr Umsätzen führen soll.
- Die Mehrwertsteuersätze liegen dann - je nach Leistung - bei 16% und 5%.
III. Kurzarbeitergeld (Punkt 12)
Im Lichte der pandemischen Lage soll es ab September eine verlässliche Regelung für den Bezug des erfolgreichen Instruments Kurzarbeitergeld ab dem 1. Januar 2021 geben.
IV. "Sozialgarantie 2021" (Punkt 2)
Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40 Prozent. Eine Steigerung der Lohnnebenkosten soll damit verhindert werden.
V. Ausbildungsprämie (Punkt 30)
- 2.000 Euro Prämie für jeden neu abgeschlossenen Ausbildungsvertrag erhalten die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU), die ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern.
- 3.000 Euro Prämie erhalten die KMU, die das Angebot sogar erhöhen und zwar für die zusätzlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge.
VI. Weitere Punkte
- Steuerlicher Verlustrücktrag: Für 2020 und 2021 auf maximal 5 bzw. 10 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung) erweitert (Punkt 5)
- Degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA): mit dem Faktor 2,5 und maximal 25 Prozent pro Jahr für bewegliche Güter des Anlagevermögens in den Jahren 2020 und 2021 (Punkt 6)
- EEG-Umlage: soll im Jahr 2021 bei 6,5 ct/kwh, im Jahr 2022 bei 6,0 ct/kwh liegen (Punkt 3)
Die vollständigen Ergebnisse des Koalitionsausschusses finden Sie <link file:4493 download>hier...
Einschätzung
Der DEHOGA findet sich in wichtigen Forderungen wieder, geht aber davon aus, dass die weitere Entwicklung zusätzliche Unterstützung erforderlich machen wird. "Viele der Maßnahmen gehen in die richtige Richtung. Auf der einen Seite der Zufluss an direkten Mitteln durch Überbrückungshilfe und auf der anderen Seite die Reduzierung von "Abflüssen" durch den reduzierten Mehrwertsteuersatz und die Deckelungen bei der EEG-Umlage oder den Sozialversicherungsbeiträgen. Trotzdem werden wir genau beobachten, ob die Maßnahmen sich als geeignet erweisen, das Überleben der Betriebe und der Gesamtstruktur des Gastgewerbes zu sichern. Falls nicht, werden wir auf Nachbesserungen pochen", gibt Bernd Niemeier, Präsident des DEHOGA Nordrhein-Westfalen, eine erste Einschätzung.
"Wir sind aber darüber hinaus vorsichtig optimistisch, dass auch auf Landesebene weitere Maßnahmen ergriffen werden", so Niemeier. Aus diesem Grund treffen sich heute die Wirtschaftsminister der Länder. NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart hat für Nordrhein-Westfalen erklärt: "Wir werden uns das anschauen und da nachbessern, wo es Ungerechtigkeiten oder anderen Nachbesserungsbedarf gibt."