Selten ist ein Gesetzesvorhaben auf eine derart breite und einhellige Ablehnung bei den betroffenen Wirtschaftsbeteiligten gestoßen. Selbst die „ausführenden“ Lebensmittelkontrolleure lehnen das Gesetz komplett ab.
Gleiches gilt für die Justiz. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) stellte in seiner Entscheidung vom 12. Dezember 2016 die Rechtswidrigkeit des so genannten „Gastro-Kontrollbarometers“ in Duisburg und Bielefeld fest. Auch wenn die Entscheidung die alten Pilotverfahren und eine andere Rechtsgrundlage, nämlich das Verbraucherinformationsgesetzes (VIG) betrifft, lässt sich gleichwohl den Entscheidungsgründen eine richtungsweisende Tendenz entnehmen: Die isolierte Herausgabe eines Punktwerts, dem sich nicht entnehmen lässt, welche konkreten Abweichungen von Rechtsvorschriften im Rahmen einer Betriebskontrolle seitens der Überwachungsbehörde festgestellt wurden, entspricht nicht dem Transparenzzweck des Gesetzes. Diese Ausführungen lassen sich analog auf das geplante KTG übertragen. Denn auch dort stehen Punktwerte bzw. diesen zugeordnete Farben im Mittelpunkt, die für den Verbraucher keine Rückschlüsse auf festgestellte konkrete Mängel zulassen. Für den Verbraucher ist nicht zu erkennen, wie das Bewertungsergebnis zustande gekommen ist. Aus dem Punktwert kann insbesondere nicht auf die hygienischen Zustände in den betroffenen Betrieben geschlossen werden, da in die Risikobeurteilung auch Beurteilungsmerkmale, wie etwa bauliche Beschaffenheit/Instandhaltung, HACCP-Verfahren, Kennzeichnungsmängel mit einfließen.
Markttransparenz und eine Unterstützung des Verbrauchers, eigenverantwortliche Kaufentscheidungen zu treffen – eine Zielsetzung, die exakt so auch für das KTG propagiert wird - lassen sich durch ein Kontrollbarometer in den Ampelfarben grün, gelb, rot nicht erzielen. Die Zielsetzung des KTG, beim Verbraucher für mehr Transparenz zu sorgen, wird verfehlt. Stattdessen sind bürokratische und rechtliche Auseinandersetzungen aller Beteiligten zu befürchten. Im schlimmsten Fall werden unternehmerische Existenzen und Arbeitsplätze durch „schlechte“ grüne, gelbe oder rote „Auszeichnungen“ gefährdet.
Nordrhein-Westfalen hat kein Hygieneproblem in seinen lebensmittelverarbeitenden Betrieben, das mit einem verpflichtenden Kontrollbarometer gelöst werden müsste! Das bestehende Instrumentarium, das der nordrhein-westfälischen Lebensmittelkontrolle zur Verfügung steht, reicht aus, um Beanstandungen und Mängel zu ahnden.
Die Verabschiedung eines seitens der Gerichte aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso als rechtswidrig einzustufenden Gesetzes ist weder im Interesse der beteiligten Wirtschaftsverbände, der kommunalen Spitzenverbände, der Lebensmittelkontrolleure noch kann dies ernsthaft im Interesse der Parlamentarier liegen.
Das Bäcker- und das Fleischerhandwerk, die Gastronomie sowie der Lebensmitteleinzelhandel in Nordrhein-Westfalen fordern deshalb, das Gesetz jedenfalls in dieser Form nicht zu verabschieden. Um ein Mehr an Bürokratie und unnötigen Auseinandersetzungen zwischen allen Beteiligten zu verhindern, muss mindestens der auf dem Kontrollbarometer momentan noch angedachte Pfeil zur weiteren Konkretisierung der Farbbalken Grün, Gelb, Rot ersatzlos und endgültig gestrichen werden.